Der Zuchtwert

Unter Leistungsprüfungen in der Tierzucht allgemein werden gezielte Maßnahmen zur Ermittlung der phänotypischen Ausprägungen wertbestimmender Merkmale von Zucht- und Produktionstieren definiert. Auf die Selektion der Honigbiene bezogen bedeutet das die Feststellung von Honigleistung und anderen wirtschaftlich wertvollen Eigenschaften, wie Sanftmut, Wabensitz, Winterfestigkeit, Frühjahrsentwicklung, Volksstärke und Schwarmneigung. Dazu kommen mit zentraler Bedeutung die allgemeine Vitalität und die Widerstandfähigkeit gegenüber Krankheiten.



Was ist ein „Zuchtwert“ ?

Der Zuchtwert einer Königin ergibt sich aus dem Wert ihrer Erbanlagen, die sie an ihre Nachkommen weitergibt. Anhand des Zuchtwertes lassen sich alle Königinnen einer Population unmittelbar miteinander vergleichen. Zuchtwerte kann man nicht direkt messen, sondern nur anhand der Leistungsdaten von möglichst vielen verwandten Völkern in einem aufwendigen statistischen Verfahren schätzen. Dabei wird zunächst aufgrund der Abstammungsdaten die Verwandtschaft jedes geprüften Volkes zu jedem anderen geprüften Volk ermittelt. Gemäß des jeweiligen Verwandtschaftsgrades verfügen die Völker über gleiche Erbanlagen und liefern mit ihren Leistungsdaten deshalb gegenseitig Informationen über den Zuchtwert der einzelnen Königinnen. Zugleich ermöglicht die Vielzahl von Leistungsdaten aus unterschiedlichen Jahren und von verschiedenen Ständen eine zuverlässige Abschätzung der jeweiligen Umwelteffekte.

Da auch die Verwandtschaftsverhältnisse bekannt sind, lässt sich der Inzuchtgrad jeder Königin berechnen. Dieser ist nicht nur für die Zuchtplanung von großer Bedeutung, sondern wird ebenfalls bei der Zuchtwertfeststellung berücksichtigt. Der einzelne Züchter, der in den meisten Fällen keine so umfangreichen Vergleiche durchführen kann wird aber dadurch in die Lage versetzt, sein eigenes Material besser zu beurteilen und den Austausch und die Anpaarung mit fremden Zuchtmaterial gezielt vorzunehmen. Der zu erwartende Zuchtwert möglicher Anpaarungen lässt sich sogar vorausberechnen. So kann die Anpaarung gezielt geplant werden, z.B. durch die Auswahl der günstigsten Belegstellen.

 

Die Prüfung von Völkern zur Beurteilung von Honigleistung, Verhaltenseigenschaften und Krankheitstoleranz ist der schwierigste und aufwändigste Teil der Bienenzüchtung. Aufgrund der Abhängigkeit von Tracht und Witterung werden die Leistung und Entwicklung von Bienenvölkern weit stärker von Umweltfaktoren geprägt als dies bei der Leistungsprüfung anderer Nutztiere der Fall ist. Dank der Zuchtwertschätzung nach modernen populationsgenetischen Erkenntnissen können jedoch die den Prüfergebnissen zugrundeliegenden genetischen Unterschiede zuverlässig ermittelt und als Selektionsgrundlage genutzt werden.

Grundlagen

 

Die Leistungsprüfung ist der zentrale Punkt in einem Zuchtprogramm. Von ihrer Zuverlässigkeit hängt die Qualität der Ergebnisse (Zuchtwerte) ab. Die Ziele eines Zuchtprogramms stehen und fallen mit der Genauigkeit und Professionalität der Leistungsprüfung. Um den Einfluss von nicht kalkulierbaren Faktoren so gering wie möglich zu halten, sind bei jeder Leistungsprüfung gewisse Grundbedingungen für die Aufstellung, für die Königinnen und die Betriebsweise einzuhalten.